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IBA-Vorstand Helmut Link: "Es sieht so aus als ob unsere Branche die Rolle des Frühwarnindikators gerade verloren hätte." (Bild: Interstuhl)
IBA-Vorstand Helmut Link: "Es sieht so aus als ob unsere Branche die Rolle des Frühwarnindikators gerade verloren hätte." (Bild: Interstuhl)

Einschnitte: IBA-Vorstand Helmut Link im Gespräch über die Büromöbelbranche

Vor gut einem Jahr hat Helmut Link den Vorsitz des Industrieverbands Industrie und Arbeitswelt übernommen, in sowohl politisch als auch wirtschaftlich turbulenten und herausfordernden Zeiten. Wir sprachen mit ihm über seine Einschätzung der aktuellen Lage seiner Branche.

Herr Link, im Juli hieß es, die Büromöbelbranche blicke trotz Krise auf ein erfolgreiches erstes Halbjahr zurück. Hält der Trend an?
Auf längere Sicht wird die Nachfrage weiter anziehen. Auf kürzere Sicht müssen wir wohl mit Einschnitten rechnen. Massive Steigerungen bei den Erzeugerpreisen, die höchste Inflation seit den Nachkriegsjahren und generell die Lage an den Rohstoffmärkten und im Energiesektor – es wäre schon sehr optimistisch, zu glauben, dass die Nachfrage nach Büroeinrichtungen davon unberührt bleibt.

Die Investitionen in die Büroausstattung gelten gemeinhin als Indikator für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung – in Krisenzeiten halten die Kund:innen sich mit Investitionen in die Büroeinrichtung zurück. Gilt das noch?
Es sieht so aus als ob unsere Branche die Rolle des Frühwarnindikators gerade verloren hätte, was uns natürlich freut. Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Der Arbeitskräftemangel stellt Unternehmen in einen harten Wettbewerb um geeignete Fachkräfte. Die Analysen, die die Universität Paderborn für uns gemacht hat, zeigen, welch hohen Stellenwert die Arbeitsatmosphäre hier einnehmen kann und welche Rolle der physische Arbeitsplatz dabei spielt. Gleichzeitig haben sich die Arbeitsanforderungen verändert. Auch personell gut besetzte Teams brauchen neue Arbeitsumgebungen, um den Anforderungen einer digitalisierten Arbeitswelt gerecht zu werden. Der Trend zu hybridem Arbeiten tut ein Übriges.

Wo sehen Sie die Stellschrauben in der Branche für das Wachstum in wirtschaftlich und politisch turbulenten Zeiten?
Beschäftigtenknappheit, komplexere Anforderungen und hybrides Arbeiten sind die großen, dauerhaften Anforderungen für Unternehmer und HR. Hier heißt es mit Konzepten, Produkten, qualifizierter Beratung und bei Bedarf neuen Services am Ball zu bleiben. Mein Eindruck ist, dass das bislang gut gelingt. Dem steht die Herausforderung gegenüber, die steigende Preise, Materialknappheit und coronabedingt nach wie vor erhöhte Krankenstände mit sich bringen. Dass die Hersteller unserer Branche weiterhin in der Lage sind, Aufträge zuverlässig abzuarbeiten, ist einer Erhöhung der Lagerbestände in den Vormonaten und in hohem Maße dem unglaublichen Engagement unserer Mitarbeiter zu verdanken.

Welchen Stellenwert legen die Kund:innen auf das Thema „Gesundheit“ und was bedeutet das für die Entwicklung der Branche?
 Schon weit vor Corona wurde bei der Arbeitsplatzgestaltung wieder mehr Wert auf Gesundheit und Ergonomie gelegt – Stichwort „Sitz-/Steh-Arbeitstisch“. Oft waren es die jüngeren Beschäftigten, die ihre Arbeitgeber an deren Fürsorgepflicht erinnerten. Corona hat das Relevant Set um den Aspekt der Hygiene erweitert. Herausfordernd und damit auch spannend ist jetzt, die Anforderungen in einem Umfeld umzusetzen, in dem Beschäftigte wechselnde Arbeitsorte inner- und außerhalb des Unternehmens nutzen. Alleine der Nachholbedarf in den Homeoffices ist riesig.

New Work: Aktuelle Studien überschlagen sich derzeit mit teils konträren Ergebnissen zum Hybriden Arbeiten, Remote Work oder auch den Back-to-Office-Bestrebungen – wie sehen Sie diese Entwicklung? Wo liegt die Wahrheit?
Dass sich Belegschaften nicht mehr so einfach ins Büro zurückbeordern lassen, haben Beispiele wie Apple gezeigt. Und dass es andererseits – von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen – ohne persönliche Zusammenarbeit nicht gelingen wird, innovativ zu sein, Mitarbeiterbindung und Arbeitsatmosphäre aufzubauen, ist gleichermaßen unbestritten. Viel spannender ist daher die Frage, wie viele Regeln es braucht, um die neuen Formen der Zusammenarbeit zu organisieren. Braucht es feste Tage, an denen alle im Büro sind oder organisieren sich die Teams alleine? Die Antworten werden für jedes Unternehmen und vielerorts auch für einzelne Teams oder Projekte anders ausfallen. Weil da wohl nur ausprobieren hilft, werden Einrichtungen benötigt, die sich bei Bedarf an veränderte Anforderungen anpassen lassen.

Wo sehen Sie die Rolle des IBA am Markt – sowohl für die Mitglieder als auch die Kund:innen aus Handel, Unternehmen usw.?
Zunächst einmal ist der Verband Plattform für gemeinsame Projekte seiner Mitglieder. Ein Beispiel: Der Anfang der 2000er-Jahre vom Verband und seinen Mitgliedern entwickelte OFML-Datenstandard erweist sich auch im Umfeld der Digitalisierung als ein hervorragender Ausgangspunkt. Dafür müssen allerdings immer wieder Anpassungen gemacht und Schnittstellen definiert werden. Das gehen wir gemeinsam an. Das Ergebnis kann dann von allen Interessierten als Basis für eigene Anwendungen genutzt werden. Ähnlich gehen wir auch in anderen Bereichen vor. Darüber hinaus gilt es ganz generell künftig relevante Themen frühzeitig zu identifizieren und die Erkenntnisse einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.

Der Verband hat mit dem IBA-Forum eine tolle Online-Plattform gestartet. Welches Ziel steckt dahinter?
Gerade jetzt müssen sich Unternehmen auf neue Arbeitsweisen einstellen. Das IBA Forum verstehen wir in diesem Zusammenhang als Plattform und erste Anlaufstelle, speziell für die Frage, wie Arbeitsorte den Veränderungsprozess stützen können. Dafür bündeln wir das Know-how aller Beteiligten mit den Ideen unserer Projektpartner aus HR und Architektur. Dabei wollen wir Lust auf Qualität machen, denn die ist Voraussetzung für gute Arbeitsbedingungen und langfristiges Funktionieren.

... und zuletzt: Nach vier Jahren findet im Oktober endlich wieder die Orgatec statt. Was erwarten Sie von der Messe?
Seit 2018 sind viele Themen hinzugekommen. In dieser Situation kann das Format Messe seine ganze Stärke ausspielen – einen kompakten Überblick über aktuelle Entwicklungen geben, Produkte zum Anfassen zeigen und Raum für inhaltlichen Austausch schaffen. Wir freuen uns auf die Orgatec!

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